|
|
|
|
|
|
"Man sollte die Finger davon lassen"
Storkow (MOZ) Gleich zwei Tage lang hat die Ökofilmtour auch in diesem Jahr in Storkow Station gemacht. Mehr als 500 große und kleine Besucher pilgerten am Donnerstag und Freitag in den großen Saal der Burg, um sich Filme über Umwelt und Natur anzuschauen.
Insgesamt fünf Veranstaltungen gab es allein für Kinder. Diese kamen aus der Europaschule und den Kitas aus Storkow und den Ortsteilen. Die Mädchen und Jungen sahen unter anderem Filme über Fledermäuse, Bienen und den Spreewald. Anschließend konnten sie dann im Filmgespräch ihre Fragen loswerden. Ernst-Alfred Müller, einer der zwei Leiter des Festivals war auch in diesem Jahr persönlich nach Storkow gekommen. Er erklärte den Kindern anschaulich, wie Dreharbeiten in der Natur ablaufen und dass dabei vor allem viel Geduld erforderlich ist. Ihm zur Seite standen Sabine Schmidt von der Naturwacht im Naturpark Dahme-Heideseen und der Imker Holger Ackermann aus Groß Schauen, die sachkundig über die Tier- und Pflanzenwelt Auskunft geben konnten. "Unser Festival funktioniert nur mit den vielen engagierten Partnern vor Ort", betonte Ernst-Alfred Müller. "Nach Storkow kommen wir immer sehr gern." Mit der Stadtbibliothek gäbe es schon über Jahre eine sehr gute Zusammenarbeit. Sehr nachdenklich ging es bei der öffentlichen Veranstaltung am Donnerstagabend zu. Mit dem Thema schien ein Nerv vieler getroffen zu sein. Mehr als 150 Interessierte nahmen teil. Neben zwei Kurzfilmen lief die Dokumentation "Verstrahlte Wölfe". Ein österreichisches Filmteam hatte die Gelegenheit, in der Sperrzone rund um das Kernkraftwerk von Tschernobyl zu drehen. In der 3000 Quadratkilometer großen Sperrzone dürfen keine Menschen mehr leben. Der Zugang ist nur mit Genehmigung und Begleitung erlaubt. Den Filmleuten bot sich ein trügerisch-idyllisches Bild. In den 25 Jahren nach der Katastrophe hat sich die Natur den Raum zurückerobert. Einstmals gefährdete Arten wie Wölfe, Bisons, Elche oder Wildpferde leben hier. Die einst trockengelegten Sümpfe sind wieder da. Verlassenen Ruinen werden von Bäumen und Pflanzen eingehüllt. Es stellt sich die Frage: Blicken wir hier in die Vergangenheit, als es den Menschen noch nicht gab oder sieht so die Zukunft aus, nach dem Untergang der Zivilisation? Verschiedenen Zuschauern war der Film ein "bisschen zu schön". Sie vermissten deutlichere Aussagen zu den Schäden, die durch die Verstrahlung in der Tierwelt angerichtet wurden und die gesundheitlichen Schäden, unter denen die Menschen in der Region noch heute leiden würden und so gut wie keine Unterstützung erhielten. Dem pflichtete auch Dr. Sebastian Pflugbeil bei, der zur Filmdiskussion nach Storkow gekommen war. Er ist Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz, war mehrfach in Tschernobyl und auch in Fukoshima. Zwischen den beiden Reaktorkatastrophen und ihrer Auswirkung auf die Bevölkerung gäbe es viele Ähnlichkeiten aber auch Unterschiede, sagte er. Das Ausmaß der Schäden werde von den Regierungen immer vertuscht Schon seit Hiroshima und Nagasaki sei belegt, welche Schäden von der atomaren Strahlung ausgehen. Auch nach dem Unglück von Tschernobyl habe es keine wesentlichen praktischen Konsequenzen gegeben. Untersuchungen gebe es inzwischen genug. In der DDR sei der drittgrößte Uranbergbau der Welt gewesen. Heute kämen noch Menschen und hätten die üblichen Erkrankungen. "Und obwohl es seit 1990 dicht ist und wir in einem freien Land leben, wird abgewartet", konstatierte der Wissenschaftler. "Es geht dabei immer um Geld." In Japan werde die Bevölkerung jetzt nicht über die Gefahr der Strahlungen nach dem Unglück von Fukoshima aufgeklärt. Im Gegenteil, die Regierung setze auf den Patriotismus. Zum Beispiel müsse jede Präfektur im Land einen Anteil des radioaktiven Bauschuttes übernehmen und in den Müllverbrennungsanlagen entsorgen. "Die ersten haben das schon praktiziert." Sebastian Pflugbeil nannte zahlreiche Beispiele, wie weltweit die Gefahr der atomaren Strahlung verharmlost werde."Man sollte die Finger davon lassen von der Kernspaltung", forderte er.
Nächster Halt der Ökofilmtour: 28. März, Bibliothek Beeskow. Gezeigt wird "Energieland", eine Kooperation von Vattenfall und der Filmhochschule Potsdam. Regisseurin Johanna Ickert ist anwesend, wird über ihre Konflikte beim Dreh berichten.
|
|
|
|
|
|