Teure Blumentopferde
von Steffi Pyanoe

Montag beginnt die Ökofilmtour. Auch ein Film von Andreas Dresen ist dabei

„Braunkohle ist derzeit die billigste verfügbare Energiequelle“, sagt Ernst-Alfred Müller. „Aber für die Verstromung der Kohle müssen wir in teure Kraftwerke investieren – und bekommen dafür den höchsten Kohlendioxid-Ausstoß.“ Müller, der gemeinsam mit Jutta Schölzel vom Förderverein für Öffentlichkeitsarbeit im Natur- und Umweltschutz e.V. die 9. Ökofilmtour organisiert, könnte über das Thema lange und emotional reden. Doch das überlässt er jetzt den Filmemachern und Gästen des mittlerweile neunten Filmfestivals, bei dem ab dem heutigen Mittwoch Beiträge zu den Themen Umwelt, Mensch und Natur gezeigt werden. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, fährt das Festival über Land: Bis zum 28. April werden in über 60 Orten 67 ganz unterschiedliche Filme gezeigt, längere Fernseh- und Kinofilme, aber auch Kurzfilme, reine Naturfilme und Beiträge über die Beziehung Mensch-Natur.

Am kommenden Montag wird die Ökofilmtour in Potsdam eröffnet. Bei der feierlichen Gala mit Schirmherrin Umweltministerin Anita Tack (Linke) werden zwei Beiträge gezeigt, die Brandenburg unmittelbar betreffen: „Die Lausitz“ ist ein Dok-Film des Brandenburger Filmemachers Henry M. Mix. „Ein wunderschöner Naturfilm mit plötzlichen Kameraschwenks auf Kohle-Abraumhalden“, sagt Müller. Dazu passt der Film „Steigerlied“ des Potsdamer Regisseurs Andreas Dresen, sein Beitrag zur Filmserie „16xDeutschland“. Dresen porträtiert darin eine junge Frau, die mit schweren Maschinen im Tagebau arbeitet. In der anschließenden Diskussion mit den Regisseuren und weiteren prominenten Gästen wie dem Berliner Wissenschaftler Christian von Hirschhausen soll es genau darum gehen: „Lohnt es sich, diese Blumentopferde aus dem Land zu holen?“, fragt Müller.

Die Beiträge der Filmemacher aus ganz Europa mit lokalen und globalen Themen sollen zum Nachdenken und zu Diskussionen anregen. Dafür werden Kirchen und Kneipensäle, alte Bahnhöfe und Dorfschulen zu Kinosälen umfunktioniert. „Im Idealfall geht es nach dem Film über die Natur raus in die Natur, dann wird ein kleines Umweltfest daraus“, so Müller. 10 000 Besucher kamen 2013, im Laufe der Jahre hat sich die Anzahl von Orten und Besuchern verdreifacht.

Dokumentarfilmer haben es allerdings nicht leicht, die Branche ist etwas für Enthusiasten. Wer nicht gerade ein Auftragswerk produziert, ist auf Filmförderung und Eigenkapital angewiesen. Deshalb werden beim Festival Geldpreise vergeben. Je 5000 Euro gibt es für den besten Naturfilm, die beste künstlerische Leistung, den besten Kinder- und Jugendfilm. Auch der Zukunftspreis von 5000 Euro wird wieder verliehen – dafür wird noch ein Sponsor gesucht. „Da kann ein Unternehmen grüne Werbung für sich machen“, sagt Müller. 150 000 Euro kostet allein die Durchführung der Ökotour, unter den Förderern sind Stadt und Land, diverse Umweltverbände, seit diesem Jahr auch die Heinz-Sielmann-Stiftung. Dafür ist der Eintritt zu den Filmveranstaltungen frei. Viele Schulklassen nutzen die Angebote.

Mit der Eröffnungsgala in der Reithalle des Hans Otto Theaters am kommenden Montag sowie der Abschlussveranstaltung mit Preisverleihung und Livemusik soll mehr Augenmerk auf diese wichtige Branche gelegt werden. In Potsdam werden bis Ende April monatlich Filme gezeigt, darunter „Das Geheimnis der Bäume“ in Anwesenheit des Filmemachers Luc Jacqet. Schon vor der offiziellen Festival-Eröffnung findet heute Abend um 18 Uhr im Potsdam Museum ein Filmabend statt: mit „Hunger, genug ist nicht genug“ von David Syz, eine weltweite Spurensuche nach Zusammenhängen und Lösungen, und Jörg-Hendrik Brases Kurzfilm „Die vergessene Katastrophe – Ölpest in Nigeria“. Anschließend gibt es ein Gespräch, unter anderem mit dem Alternativen Nobelpreisträger Michael Succow.