Die Tücken des Tierfilms
Menz/Neuglobsow (MZV) Das Brandenburgische Ökofilmfestival, das nächste Woche wieder in der Menzer Regionalwerkstatt gastiert, will Filme zeigen, die für die Natur und die Veränderungen der modernen Welt sensibilisieren.
In der Reihe läuft am Dienstag, 11. Februar, der vom NDR produzierte Streifen "Der Stechlin - Im Reich der klaren Seen". Der Film, der in der Reihe "Expeditionen ins Tierreich" zu sehen war, zeigt mit modernster Kameratechnik aufgenommene Eisvögel in die Fluten stürzen, im Zeitraffer emporwachsende Seerosen und Hechte bei der Hechthochzeit. Nach Informationen unserer Zeitung stammen aber gar nicht alle Aufnahmen aus dem Stechlin. Die Produktionsfirma Coraxfilm GmbH des Regisseurs Christoph Hauschild hat fremdes Material eingekauft, das etwa aus dem Großen Wummsee bei Flecken Zechlin stammt. Etwa die Hechthochzeit, ein extrem schwer zu bekommenes Bild, stammt zweifelsfrei nicht aus dem See bei Neuglobsow.
NDR-Naturfilm-Redakteurin Britta Kiesewetter bestätigt dies auf Nachfrage unserer Zeitung erst einmal. "Ja, einige Aufnahmen wurden zugekauft", sagt sie. Gleichzeitig verteidigt sie das Vorgehen. "Als Tierfilmer bekommt man nicht immer alle Aufnahmen, die man braucht in der vorgegeben Zeit. Bei Unterwasser-Aufnahmen stimmt manchmal die Sichttiefe nicht. Der Filmemacher wollte etwa die Hechthochzeit gerne zeigen. Wir fügen nur Material ein, wenn man mit Sicherheit sagen kann, dass diese Tierbegegnungen genau so ausgesehen hätten und auch passieren könnten." Laut der NDR-Redakteurin sei der Umfang der nicht am Stechlin gefilmten Bilder klein, "höchstens zehn Prozent. Wir hatten einen Kameramann und eine Kamerafrau dabei, die die Örtlichkeiten kennen und viele wunderbare Aufnahmen am und im Stechlin gemacht haben", sagt sie. Regisseur Hauschild war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Ein Kenner der Örtlichkeiten ist auch Tom Kirschey vom Nabu-Regionalverband. Er sieht das aufklärerische Potential mancher Tierfilme eher skeptisch. "Es gibt da diese Filme aus der Serengeti in Afrika, die zeigen eine Fülle an Tieren, die heute in Wirklichkeit so gar nicht mehr existiert. Ich kenne den Film vom Stechlin auch", so Kirschey. "Nach der Erstausstrahlung im Fernsehen war Neuglobsow ausgebucht. Die Touristen fanden im See aber gar nicht vor, was sie gesehen hatten." In dem Jahr, als die Dreharbeiten stattfanden, war der See trüber als sonst. "Das ist sicher kein Vorwurf, den man den Filmemachern machen kann, sondern eine Frage des Formats", so Kirschey. "Zeigt der Film eine heile Welt? Der See ist einzigartig, keine Frage. Aber wir wollen ihn so schützen, damit die Touristen wieder vorfinden können, was sie suchen." Weil der Streifen die Probleme aus Sicht des Nabu-Experten aber ausklammert, sei er vielleicht nicht das richtige Material für die Ökofilmtour, die jedes Jahr auch vom Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (MUGV) des Landes unterstützt wird.
Wer sich selbst ein Bild machen will, der kommt am Dienstag ab 19 Uhr zum Filmgucken in die Regionalwerkstatt. Der Eintritt ist frei. Ebenfalls gezeigt wird ein Film über Moore. Anschließend kann man mit Dr. Wolfgang Henkel vom Förderverein Naturlandschaft Stechlin und Menzer Heide, Michael Zauft, Projektleiter des EU-Life-Projekts Kalkmoore, und Michael Feierabend diskutieren. Er ist der Kameramann, der die Aufnahmen im Stechlin gemacht hat.




MOZ 03.02.14
MAZ 08.02.2014